You are so cute

Ich muss zurück nach Deutschland. Es wird noch eine Weile in meinen Ohren hupen. Indiens Backgroundmusik. Die werde ich nicht vermissen. Aber ansonsten hat einiges zunächst belastendes gegenüber der Leichtigkeit des Seins immer mehr an Gewicht verloren. Ich hätte gedacht, Delhi wäre etwas weltstädtischer, aber es wirkt überwiegend doch sehr traditionell. Die Leute starren mich dort teilweise an wie ein Zirkuspferd (also, das Pferd bin ich), ich bin auf unzähligen Selfies verewigt. „You are so cute!“, “Your Skin is beautiful“. „Äh, nein, ich habe Schuppenflechte.“ Vielleicht finden Sie mich auch nur skurril, es schmeichelt in meinem Alter dennoch.

India Gate in Delhi, auf der Straßenachse des Präsidentenpalastes

Eine Minderheit -in erster Linie in Delhi- sieht in mir als Touri natürlich auch „das Opfer“. Potenzieller Geschäftskunde heißt es wohl offiziell. Und die Verkäufer sind hartnäckig, extrem hartnäckig. Und es ist schwer, höflich zu bleiben. Und wer will sich wirklich nur unterhalten und wer will Dich ausnehmen? Ich konnte die Situationen gut lösen. Hilfreich dabei waren meine drei Handys mit lebenslanger indischer SIM-Karte und der fliegende Teppich (den sogenannten „Vorführeffekt“ gibt’s übrigens auch in Indien).

Zum Schluss noch eine exemplarisch schöne Geschichte. Ich wollte Fotos der neuen Metrolinie in Noida (Delhi-Vorort) machen, beruflich motiviert. Pflichtbewusst wie ich bin, fuhr ich die ganze Bahnstrecke mit ihren 30 Stationen ab bis zur Endstelle. Damit ich ein Gefühl für das Projekt bekomme. An der Endstation angekommen, die im Niemandsland liegt, mache ich ein paar Fotos. Zuerst kommen zwei Männer und laden mich zu sich nach Hause ein. Ich lehne ab, die Arbeit. Dann kommen ihre Söhne und ich lande doch auf der Terrasse der Familie. Dort gibt es Essen und Tee. Die Jungs fahren danach mit mir die Sehenswürdigkeiten ihres Dorfes ab. Ich mach die Tempelzeremonie durch, lerne einen heiligen Einsiedler und ebensolche Affen kennen (so alleine ist er wohl doch nicht). Das ist es, wie ich mir Länder erkunden vorstelle.

Indien, ich komme gerne wieder. Und soviele Menschen wie mich in Indien anfassten, daraus schließe ich: Auch Indien würde sich wieder über mich freuen.

Rishikesh fühlen

Spiritualität in Worte fassen ist nicht einfach. Auf jeden Fall ist es in Rishikesh sehr schön. Menschen und Wasser sind die belebenden Elemente. Rings um die Stadt liegen verschiedene Wasserfälle, die eine traumhafte Erfrischung bieten. Momentan ist in Indien wohl Ende des High School Jahres und die Jugendlichen feiern – in Gruppen und lautstark und mit Fotosessions à la Top-Model.

Ganges in Rishikesh

Der Ganges sieht hier übrigens recht sauber aus, überall kann man sich Behältnisse kaufen, um etwas Flusswasser anzufüllen. Ist ja „Heiliges Wasser“. Ich fürchte dieses würde den Flug nicht übernehmen, die Kontaktlinsenflüssigkeit läuft auch oft aus. An Souvenirkauf ist leider ohnehin nicht zu denken. Die Stadt hat heute Verbindungsprobleme zu Visa, es ist kein Geld erhältlich. Ich lasse meine wirklich super Errungenschaften wie Klangschalen im Shop stehen, der Verkäufer heult und ich habe Geld gespart, was mich aber nicht glücklich macht.

Via der Pilgerstadt Haridwar geht es im Zug zurück nach Delhi.

Auf der Brücke
Hierher ans Wasser kommen um 18 Uhr die jungen Mönche

Rishikesh: der Weg ist das Ziel

Morgendlicher Blick vom Hostel

Die Beatles waren hier in einer hochkreativen Phase, unzählige Neu-Yoga-Lehrer verbiegen sich seit Generationen zum goldenen Kranich. Und ich bin jetzt auch hier und mache eher nicht so viel. Hier, das ist in Rishikesh, einem Ort in fantastischer Schönheit am Ganges gelegen. In dem habe ich gebadet, werde also einen Ausschlag oder Glücksmomente kriegen. Das Hostel ist super und die Menschen ebenso. In jedem Land gibt es ja diese Hippieorte, Salento in Kolumbien oder Salmeipata in Bolivien. Hier ist es eben Rishikesh. Raften, Yoga, Handlesekurse oder zu Wasserfällen wandern sind so die Beschäftigungen. Sehr viele Deutsche sind da, aber auch Inder pilgern hierher. Wenn dann um 6 Uhr abends die Tempel am Ganges läuten dann erreicht die Atmosphäre ihren vorläufigen Höhepunkt, der dann in Bongo-Sessions mündet.

Es laufen auch sehr viele in orange gekleidete Menschen rum. Das sind aber keine Holländer, bin ich fast sicher. Musste ich erst rausfinden, sind eher so etwas zwischen Yoga- oder Tantralehrer und eigentlich Bettelmönche (Sadhus). Aber auch deutsche 68 er hopsen fröhlich so rum, sofern das ihre Hüfte noch zulässt. Wer mal eine Casting mit individuellen Typen machen muss, wäre hier bestens aufgehoben.

Leh: Daunenjacke und Katzenwäsche

Leh, was warst Du schön.Leh, was warst Du kalt. Nicht menschlich, so metereologisch nachts.Kein fließend Wasser, kein warmes Wasser, keine Heizung bei minus 15 Grad: den Schritt so nah ans echte Leben hatte ich gar nicht eingeplant. Beeindruckend (lang): die gut vierstündige buddhistische Zeremonie mit den Freunden meiner Vermieter. Die unfassbar freundlich waren.Bewundernswert, wie die Menschen ihr nicht einfaches Leben scheinbar glücklich gestalten. Und warum leben Berg Völker alle ähnlich und sehen auch ähnlich aus (außer Österreicher). Das gilt es zu erkunden.Ich war Anfang April zu Beginn der Vorsaison da, etwas zu früh. Viele Ausflüge sind noch nicht realisierbar, wegen Wetter oder mangels Teilnehmer. Ich komme eines Sommers wieder. Vielleicht.

Kloster Thiksey: dem Himmel so nah

Ich habe die Fahrt im Bürgerbus inklusive umsteigen bewältigt (stolz) und der Busfahrer hat mich überraschenderweise nahe des Klosters rausgelassen. Muss mein Glückstag sein.

Kloster Thiksey

Im Kloster Thisksey tun sich immer wieder neue Räume auf, rund 10 Tempel gibt es. Einer mit riesiger goldener Buddha-Statue. Die Mönche (oder sogar Buddha persönlich) hatten mir da extra Süssigkeiten als Stärkung hingelegt. Auf diesem Weg nochmal Danke für den Snickers-Verschnitt.

In Ladakh sind viele Klöster am und auf dem Berg platziert und integrieren sich wunderbar in die Landschaft. Was auffällt: Man kann so ziemlich bei jedem Kloster wirklich bis ganz oben auf das Dach klettern. Weil man da dem Himmel näher ist?

Mönche sieht man weniger, ab und an huscht mal einer im roten Gewand hin und her. Und einer hängt Wäsche auf – wie schön irdisch.



Gott sei Dank, Buddha an Bord

Auf geht’s zum See Pangong. Berühmt geworden durch einen Bollywood Film „3 Idiots“ und teils zu China gehörig.

Es ist ein strahlender Tag, um 6 geht’s los, rein ins militärische Sperrgebiet. Hierzu müsste man tagszuvor eine Extra-Erlaubnis beantragen, natürlich kostenpflichtig. Und nun rauf in die Berge. Am Pass schon recht weit oben angekommen, ist die Fahrt beendet.

Meine Weggefährten

2 Männer im Schnee – inspizieren die Verhältnisse nach der Kurve

Schneeverwehungen auf der megaengen Straße. Wir warten auf Hilfe, 2 steckengebliebene Autos kommen zurück. Wir müssen zurückkehren. Rückwärts fahrend die Passstrasse, hätte ich meine Beifahrertür aufgemacht, wäre ich direkt hunderte Meter hinabgestürzt. Doch der Fahrer war begabt.

Leh: Königliche Aussichten

Nun bin ich also in der Hochwüste des Himalaya gelandet, in der Stadt Leh im indischen Bundesstaat Jammu und Kashmir. Soweit die Koordinaten. Lakdath war einmal ein Königreich, der Jahrhunderte alte Palast zeugt davon, Spache ist Lakdathi. Der Palast ist etwas karg, wie das Leben hier. Obendrüber liegt ein Kloster. Man hat eine tolle Aussicht über „Klein-Tibet“.

In Leh starten viele Trekkingtouren, später im Jahr, es ist touristisch aber irgendwie auch wiederum total altertümlich. Das Brot wird in Löchern gebacken und das Wasser am Brunnen geholt. Alles in allem sehr faszinierend, auch das Menschengewirr offenbar unterschiedlichster Abstammungen. Waren doch die Herrscher von Persien, Kaschmir, Tibet hier im Laufe der Jahrhunderte. Nur die Hunde sehen fast alle gleich aus wie auf dem Bild.

Die Region ist buddhistisch geprägt, es gibt unzählige Klöster und viele rotbemantelte Mönche, aber in Leh werden ebenso die anderen Regionen gelebt. Die Umgebung ist ein Traum, die Hochebene ist vom Hochgebirge umrahmt: wohin man schaut, pure Schönheit. Die Gebetsfahnen haben es mir beim Fotografieren etwas angetan.

Leh: Der Buddha wartet

Auf geht’s nach Leh, Ladakh, im nordindischen Bundesstaat Jammu und Kashmir. Hatte ich auf einem Foto gesehen und dann war eigentlich klar, dass ich da hin will. Die Flugreise von Delhi ist schon mal atemberaubend mit den Gipfeln des Himalaya. Die Landung auch etwas Atem raubend, man fliegt doch recht nahe an und über den Bergen. Außerdem setzte nach einer Weile die 3500 Meter doch ganz schön zu. Ein Kopf wie nach einer durchzechten Nacht.

Neben dem Buddha wartet allerdings auch Kälte und ein einfaches Leben. Der Blick vom Balkon auf die Bergkette entschädigt ebenso wie die unglaublich freundlichen Menschen. Sie scheinen wohl sehr in sich zu wohnen. „Julley“ heißt das Zauberwort für Hallo, Wie geht’s, auf Wiedersehen, irgendwie alles.


Taj Mahal: Pure Erhabenheit

„Show me your body! Move to the right, let’s make it baby.“

„Fuck off, this is my place, bloody bastard!“

So hatte sich das Großmogul Shah Jahan das sicherlich nicht vorgestellt mit der Huldigung seiner geliebten Frau, für die er die Ruhestätte Taj Mahal ab 1631 bauen ließ. Doch Influencer-Fotosessions und imperiale amerikanischen Rentnerfurien holen das Mausoleum in die gesellschaftliche Wirklichkeit.

Die Wahrheit ist auch: Der Taj Mahal im Sonnenaufgang und im Morgenlicht ist von einer wahnsinnigen Schönheit und Geschmeidigkeit. Auch das Innere des marmornen Mausoleums, ist ausnehmend elegant. Wer erinnern uns: Mogul Shah Jahan blickte vom Red Fort in Agra auf die Ruhestätte seiner Frau. Wohin sie schaute, bleibt ihr Geheimnis.

Red Fort in Agra: Meisterwerk rot-weiß

Das Red Fort in Agra ist eine Wucht, hatte ich jetzt gar nicht so auf dem Schirm. Mogulkaiser Akbar dem Große bewies 1565 guten Geschmack und auch seine Nachfolger. Besonders Großmogul Shah Jahan, ließ er doch für seine im Kindsbett verstorbene Frau den Taj Mahal errichten. Den sieht man vom Wohnzimmer des Herrschers im Red Fort aus. In dem Anwesen erscheint einem jedes Mal, wenn man um die Ecke biegt, eine neue Welt aus Toren, Türmen und Gebäuden, gebaut aus Sandstein oder Marmor. Unglaublich schön und man sieht vor dem inneren Auge, wie der Mogul mit seinen Ministern thronte und die Konkubinen  in den Zimmern erwartungsvoll warteten. Für die wurde übrigens über die Knospe ihrer zarten Jugend hinaus gesorgt, versicherte man mir.