Die Amazonas-Familienbande

_1180743

Am letzten Dschungeltag sind die Gefährten schon weg, ich fahre mit unserem ewig plappernden Bootsmann und dem Guide zu dessen (angeheirateter) Familie. Die ist riesig und schält heute Maniok. Diese schwarzschalige Wurzel, von der Bedeutung wie bei uns die Kartoffel. In der hiesigen Version, es gibt auch andere Sorten, ist Maniok giftig (Blausäure) und kann als Mehl ausgekocht werden. Es ist echt interssant dieses soziale Familiengefüge. Wie sie da sitzen, das erinnert mich an die Obst-Einkochorgien bei meiner Oma. Dann kommt noch der Schwippschwager des Guides mit einer Finnenfamilie im Schlepptau. Die Tochter studiert brasilianische Musik, sonst nichts, portugiesisch kann sie nicht. Also, alleine das Studienfach, dann studiere ich demnächst Babyrasseln. Wenn das das hochgelobte Finnische Bildungssystem sein soll, Gute Nacht.

Ich verabschiede mich von den Gastgebern und erkläre wie immer -mit dem Blick auf die Kaimane- , dass das 7:1 eine einmalige Sache war, Brasilien momentan toll Fußball spielt und sicherlich Weltmeister wird beim nächsten Mal. Die Familie hätte mir bestimmt hinterher gewunken zum Abschied, wenn das Aufstehen nicht so beschwerlich und die Hände nicht mit Messer und Maniokwurzel belegt gewesen wären. Oder ich einfach jemand anderes gewesen wäre. Die Sau zumindest wälzte sich vor Begeisterung einmal im Schlamm.

_1180738_1180756_1180737 (2)_1180778_1180793

Die wilden Camper

P1180577

Es geht per Boot zum Campen in den Dschungel. Was macht man nicht alles mit auf die alten Tage. Lager aufschlagen, Holz hacken, Essen zubereiten. Ein zerteiltes Hühnchen liegt im Eimer, wie stecken die Teile auf einen langen Holzspieß. Wusstet Ihr, dass Hühnchen nicht nur aus Brustfilet und Keule besteht? Also diesen blutig-blass-pelligen Anblick werde ich nicht vergessen, ich brauche psychologische Behandlung. Am besten von Kentucky Fried Chicken. Guide Toni macht aus Blättern Teller und schnitzt Löffel. Das hat Stil. Die restliche Dschungelbesatzung mit dem Esprit eines Faultieres in Winterstarre.

P1180583

Das schönste am Dschungel sind ja die Geräusche und mein liebstes das Affengebrüll. Das hört man im Freien in der Hängematte noch intensiver. Ansonsten habe ich alle Insektengattungen bis hin zur Tarantulla persönlich begrüßt. Die Schauermärchen vom Schwarzen Jaguar -oder wars der rosarote Panter- beim nächtlichen Pinkeln haben sich nicht erfüllt. Ach Gott, was soll ich lügen, wie toll das alles sei: Campen ist glaube ich nicht meins.

 

Herr Kaiman: bitte zur Musterung vortreten

P1180558

Affen, Faultiere und Delfine suchen, Piranha angeln und Kaimane fangen sind die üblichen Beschäftigungen hier. Nun sind wir nicht im Zoo, die Erfolge sind überschaubar. Ebenso meine Angeltriumphe, kein Piranha will anbeißen. Bei den anderen zuweilen schon, auffällig ist der Piranha mit rotem Bauch, angeblich der aggressive. Alle kleinen Fische landen wieder im Fluss, ich wollte sie eh nicht essen. Kaiman fangen gehört zum Standardprogramm der Amazonas-Guides, ich bin da sehr zwiespältig. Seine funkelnden Augen verraten den Kaiman nachts, vom Boot aus packt der Guide zu. Das Tier, ca. 6 Monate, fiept, vermutlich vor freudiger Erregung, könnte aber auch Angst sein. Nach menschlicher Begutachtung und Erklärungen inklusive Geschlechtsdefinition schwimmt es wieder davon. Also, im Grunde war es für ihn wie bei der Musterung zur Bundeswehr. Ich zumindest werde mir nie mehr Cowboystiefel aus Krokoleder kaufen – auch wenn mich die Absätze 3 Zentimeter größer machen.

Nette Geschichte: In tiefster Dunkelheit kommen mit dem Boot ein Unternehmensberater und Freundin aus Frankfurt in der Lodge vorbei. Nicht beruflich, ihr Guide hat keine Batterie mehr für die Taschenlampe. Der Teufel sitzt bekanntlich im Detail. Sie verbringen eine Woche im Dschungel, vermutlich um dem Burnout zu entkommen. Gut drauf sind sie allemal. Innerhalb einer Stunde mehr Spaß als mit manch anderen in drei Tagen.

P1180548P1180547P1180445P1180442

Dschungelcamp Brasilien 2017

P1180304

Wer ist schöner, qualitativ hochwertiger und schmeckt besser? Der guyanische oder brasilianische Urwald? Ich werde es Testen. So wie diese Vielzahl an überflüssigen Tests in ARD und ZDF zu irgendwelchen Marken. Nur Spaß, ich werde den Test einfach leben. Das praktische an Manaus ist wirklich, dass die Wege in den Dschungel so kurz sind, in 2-3 Stunden ist man in einer anderen Welt. (Ein Punkt für Brasilien :- ) Von der Stadt geht es zum Hafen, dafür durchquert man das riesige Industriegebiet. Steuerbefreiung haben alle Riesenfirmen angelockt: Sony, Toshiba, Procter und Gamble und BMW wohl auch. Vom Hafen gehen dann die Boote über das „Zusammentreffen der Wasser“. Dort wo die Flüsse Rio Negro und Rio Salamoes farblich nebeneinander herfließen, bevor sie offiziell den Amazonas bilden. Das sieht von oben vom hohen Schiff einfach toll aus. Leider sitze ich unten mit dem Wasser auf Augenhöhe.

Mit dem VW Bully geht es dann zum Boot, dass einen zunächst zur Lodge bringt. Der Weg dorthin ist wirklich atemberaubend schön, das Wasser ein einziger Spiegel. Würden sich die Seelen spiegeln, gäbe es neben meiner reinen Seele die einer eifrigen, intelligenten Chinesin zu begutachten sowie die zweier Amerikaner und des Guides Toni, der sehr lebendig die Natur liebt.  Die Lodge ist einfach und gut, das Vorhandensein von elektrischem Licht schockiert mich fast. Gott sei Dank ist die Lodge nicht zu sauber, das hätte ich nach all den Wochen so abrupt nicht ertragen. Aufgrund pausierender Delfinvorführungen-, ist der grandiose Sonnenuntergang der absolute Höhepunkt des Tages. Das wird man fast zum Romantiker. (ein Minuspunkt Brasilien)

1_P1180217

Treffen jder Wasser, der Amazonas entsteht offiziell

P1180233

Schul“bus“

P1180275P1180333P1180415P1180456

Von Fledermaus und Zauberflöte

Wer mir folgt, weiß nun vermutlich wo ich hier (wieder einmal) gelandet bin. Ein Besuch der Stadt lohnt, wenn auch fast nur wegen dem Theater. Ich habe diesmal eine Innenbesichtigung gemacht, äußerst beeindruckend, was man vor 121 Jahren auf die Beine stellte. Die prachtvolle Kuppel des Theatres, das knapp 600 Besucher fasst, sieht man auf den Fotos leider nie so git. Ansonsten ist die ehemalige Kautschuk-Welthauptstadt weiterhin ein rechtes Moloch mit wenigen schönen Ecken. Ich mache mich ab in den Dschungel.

P1180185P1180191

P1180120

P1180147

Detail aus dem Bankettsaal

P1180175

P1180129

Deutsche Star-Schriftsteller verewigt

P1180154

Blick vom Balkon

Teufelsritt nach Guyana

P1160943 - Copy

Abschied von Fordlandia

Ein echter Teufelsritt: von Fordlandia mit dem Boot nach Santarem, von Santerem mit dem Flieger nach Manaus, von Manaus 11 Stunden mit dem Bus nach Boa Vista im Norden Brasiliens, von dort mit dem Bus nach Bomfim an die Guyanische Grenze. Dort geht es wie immer schnell, unversehens lande ich im Taxi und es geht über eine neue Brücke nach Guyana: die brasilianische Passkontrolle ist (nicht selbstverständlicherweise) freundlich. Die Guyanische zieht sich ewig, Machtgehabe in Uniform gehört zum Ritus. Dann bin ich da, in Lethem, Guyana. Nicht das Französische. Das Englische, das aber ohne dieses Attribut auskommt. Sie sprechen allerdings Englisch, so eine Pidgeon-Variante.

Auf der Reise habe ich mal wieder einen der schlimmsten Orte passiert: den Busbahnhof in Manaus. Hatte ich von vor vier Jahren genauso höllisch in Erinnerung. Ein schreiender einbeiniger verrückter Wanderprediger zählt dort noch zu den angenehmen Erscheinungen. Die Wartehalle ist ein dunkles Loch, um den Busbahnhof lungern unglaubliche Kreaturen und campieren die Indios. Alles umgeben von einem mehrspurigen Fahrbahngewirr und unzähligen Bruchbuden. Sehr anrührend: die kleinen Indo-Straßenkinder spielen mit Bauklötzchen die gleichen Spiele wie mein kleiner Neffe in Düsseldorf. Und doch werden ihre Wege so verschieden sein. Kurzzeitig schallte durch den Bahnhof das Lied des „Phantom der Oper“: „Sing Vögelchen sing“, schrie ich dem Wanderprediger zu. Entsprechend der Wartesaalbesatzung war auch die Busbelegschaft. Uiuiui, manchmal ist es hart die Komfortzone zu verlassen. Gottseidank musste ich einen guten Teil der Nachtfahrt auf dem Busklo verbringen, so blieb mir mein ungewöhnlich erscheinender und riechender Sitznachbar erspart. Sind wir ehrlich: Wahrscheinlich dachte er das selbe von mir. Jetzt bin ich in Lethem, diesem staubigen Städtchen, in Rupununi, Guyanas Hinterland. Brasilien, warum verließ ich Dich?

Manaus aus dem Flieger mit dreckigem Fenster

P1170012

Lethem

P1170030

Amazonas: Der Wassergott belohnt (Teil 3)

Da fährt man da so rum auf dem Wasser und die Amazonasdelfine hopsen um einen rum und man selbst ist beim Piranha-Angeln. Die haben wirklich Zähne und ich habe immerhin einen (in Zahlen 1) Fisch gefangen. Da ich ihn nicht esse, entließ ich ihn wieder in Freiheit.  Unser Tourguide Billy beißt denen einmal in den Kopf und die Fische sind hops. Wie Dracula, faszinierend. Auch den rosa Delphin gibt’s wirklich. Allerdings habe ich ihn nur einmal springen sehen. Sollte er der einzige sein, dann war’s das wohl mit der Gattung, Die Farbe kommt wohl davon, dass die einen Fisch mit hohem Carotingehalt fressen. Ich erzählte Billy dann, dass bei uns die Sparkassenangestellte auch mal ganz orange von den Carotin-Bräunungstabletten wurde. Hat er aber nicht verstanden. Abends stand das Kaiman- Fangen auf dem Plan. Bei mega-tollstem Sternenhimmel durch Schilf paddeln, das Froschgequake und Insektengefiepe – das ist schon eine tolle Atmosphäre. Es dauerte ewig, dann fing Führer Billy doch noch einen. Mission geglückt, und den kleinen Kroko-Freund sahen wir tagsüber auch mit zwei bis drei Metern Länge.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Amazonas: Es kann der frömmste Nachbar nicht in Frieden leben… (Teil 2)

…wenn bei ihm die Touris vorbeigeschickt werden. So stand unser „Besuch bei Einheimischen“ auf dem Plan. Die leben am Fluss und waren von der Zivilisation völlig unberührt. Sie sahen mit uns das erste Mal Weiße. Deshalb schossen sie gleich ein paar Fotos von uns mit dem iPad. Ich machte keine Bilder, weil sie nicht wie echte Indianer aussahen. Nicht einmal Federn hatten die. Dann mussten wir zu ihrem Kunsthandwerkmarkt. Der war so groß wie ein Kinderkaufladen und bot ein paar Armbänder und Ketten. Für die viele Zeit, die die Frau dort hat, hätte die Auswahl größer sein können. Ich stellte in Aussicht, von der kommenden Herbstkollektion etwas zu kaufen. Wir haben uns auch die Landwirtschaft mit u.a. Kaffee, Mango, Brazilian Nut und andere Gewächse angeschaut und zudem gelernt, wie Maniokpulver produziert wird. Außerdem die Früchte gekostet und das war alles in allem interessant und lecker.

Amazonas: Der Wettergott droht (Teil 1)

Ist man in Manaus und macht keinen Dschungel-Trip, wird man hinterher wieder so komisch angeschaut. Also machte ich mich auf in die Dschungel-Lodge am Rio Masarilu. Auto, Boot, Auto, Boot, Boot, so war die angenehme Reisefolge. Herausragend der Trip mit dem Schnellboot über eine Art glatte Wasserautobahn mit in die Kurve legen. Die Lodge dem günstigen Preis angemessen, ging es dann gleich zum begutachten des Amazonasgefieders. Das Boot war leise wie eine Stalinorgel und schon aus 100 Meter Entfernung flogen sogar die toten Vögel in Scharen davon. War aber alles hübsch anzusehen. Absolutes Highlight und angenehm unheimlich war dann das Gewitter, das uns bei starkem Regen, Blitz und Donner über den Fluss heimwärts trieb. Strom gab’s in der Lodge auch nicht, aber wir wollten ja fernab der Zivilisation sein. Die gastgebende Lodge-Familie, in völlig unklaren Verhältnissen lebend, schlug sich am immer gleichen Buffetstets als erstes ihre runden Bäuchen voll. Die Mutter war allerdings schwanger, muss man fairerweise sagen. Denn zu Essen gab es wie üblich Reis, Bohnen, Spaghetti, dazu Hühnchenreste und Fisch.

Diese Diashow benötigt JavaScript.