Tiefgründiges aus Hohenau

Hohenau im Südosten Paraguays ist ein Städtchen mit hoher Lebensqualität. Einige Wohnviertel würden deutschen Vilenvierteln alle Ehre machen. Schöne Häuser in traumhaften Anlagen. Etwas großartiges zu sehen gibt es aber nicht. Einmal wird eine Rollerfahrerin vom Auto umgefahren und sie fliegt an mir vorbei. Das war das Beeindruckendste. Sie blieb erst regungslos liegen, stand dann auf und humpelte wimmernd davon. Geschockt, aber ohne große Verletzung, denn im ordentlichen Hohenau trägt man Helm. Damit ist das Mädel dem alten Friedhofsgärtner Rodrigo knapp von der Schippe gesprungen. Der gräbt seit 40 Jahren in Hohenau die Toten um und dekoriert sie. Auf der einen Friedhofshälfte liegen die Deutschstämmigen, auf der anderen sind die Guarani-Geister eingezogen. Viele Deutschstämmige siedelten Anfang des 20. Jahrhunderts hier an. Zum guten Teil kamen sie auch aus Südbrasilien nach Hohenau, waren bereits dort geboren und legten mit Agrarwissen den Grundstein für den kommenden Wohlstand. Die Nahrungsmittelfabrik bestimmt heute das Stadtbild. Nicht ganz so stolz ist man heute auf einen anderen Gast: Dr. Mengele suchte in Ortsnähe Unterschlupf. Das ist übrigens nicht der Doktor für dessen Butter Helene Fischer Werbung macht. Es ist der Nazi-Arzt. Der soll übrigens vor seiner Festnahme durch israelische Nazijäger aus dem Hotel Tirol geflohen sein (siehe Blogeintrag einige Tage früher). So schließt sich der Kreis.

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Gestanden auf Ruinen

 

Trinidad Panorma

Heute habe ich etwas in die deutsch-polnische Freundschaft investiert. Die ist ja durchaus angeknackst. Da dachte ich: Dann ruiniere ich sie ganz. In den Ruinen der Jesuitenmissionen, namentlich Trinidad und Jesus und 30 Kilometer von Encarnacion gelegen. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere auf die Jesuitenruinen im argentinischen Misiones. Hier das gleiche im paraguyanischen grün.

1709, also rund 100 Jahre nach den ersten Stationen, nahm La Santísima Trinidad de Paraná den Betrieb auf. Die Jesuiten und Guarani-Indianer bewirtschafteten die Gegend. Die Jesuiten besaßen das Know-how und das Sagen. Generell wird kolportiert, das Zusammenleben der Gruppen war harmonisch. Nach dem Ruinenrundgang und den empfangenen Schwingungen zu urteilen möchte ich das bestätigen. Nach 70 Jahren mit der von den Spaniern initiierten Vertreibung der Jesuiten hatte der Spaß ein krachendes Ende.

In den Ruinen lasen sich Gebäude und das damalige gesellschaftliche Leben jedenfalls schön nachvollziehen. Und als ich vor dem Altar stand hätte ich mich am liebsten Opfern lassen. Auch in diesem Weltkulturerbe war ich zeitweise der einzige, bis eben ein Pole, Michael, hinter einem Stein hervorgekrabbelt kommt und perfekt deutsch spricht. So fahren wir zur Ruine Jesús de Tavarangüe. Die ist kleiner und ebenso fein und liegt wundervoll in der leicht hügeligen Landschaft. Für die dritte Jesuitenanlage, wieder eine Weile entfernt gelegen, habe ich ein Eintrittsticket, aber keine Lust hinzufahren. Das führt fast zu binationalen Verstimmungen. Letztlich landen wir früher beim Bier in Encarnacion und sind zufrieden. Die deutsch-polnischen Beziehungen bleiben in Takt.

P.S. Der slawische Akzent klingt übrigens wie im Deutschen auch auf Spanisch durchaus herrisch. Als Michael „La cuenta!“ zum Kellner rief (die Rechnung) stand ich automatisch mit Offiziersgruß aufrecht stramm.

 

 

 

News: Stargol für Goldstar

Stargol

Ich habe recherchiert und darf exklusive News verkünden, Mario Götze hat einen neuen Sponsor: Stargol. Der sympathische WM-Held hatte es satt, sich von Nike und deren Minisalär ausbeuten zu lassen. Keinen Bock mehr darauf, Adidas Pressekonferenzen in Nike-Shirts zu crashen und Schuhe sinnlos in die Kamera zu halten. Mit seinem lukrativen Goldstar-, äh Stargol-Vertrag hat er nun einen südamerikanischen Sponsor, der seine pure Ballkunst schätzt. Stargol möchte für dieses Entgegenkommen von einer Bezahlung absehen.

Ich persönlich würde mich extrem freuen, Deutschlands begnadetsten Fußballer wieder regelmäßig spielen zu sehen. Die leicht bewegliche Pappfigur könnte ein erste Schritt in diese Richtung sein.

 

Encarnation: Bad im Rio Parana

Vor viereinhalb Jahren war ich mal in Posadas. Das ist die argentinische Zwillingstadt zu Encarnation in Paraguay. Getrennt vom ewig breiten Rio Parana und  verbunden mit der Brücke Roque Gonzalez de Santa Cruz. Zum übersetzen nach Paraguay war ich damals zu erschöpft. Die beiden Städte schaukeln sich zu Höchstleistungen. In Posadas -habe ich sehr relaxed und etwas langweilig in Erinnerung- soll sich einiges getan haben. Jetzt besuche ich die Karnevalshochburg Encarnation und hier hat man tolles geschaffen:  Es ist eine Stadt zum Wohlfühlen. Den richtig geilen Stadtstrand, Abschnitt der Costanera, gibt es erst seit wenigen Jahren (2012), vermutlich zum 200-jährigen Staatsjubiläum (Bicentenario 2011). In diesem riesigen Fluss Rio Parana Baden, dazu ein Caipirinha, am Schluss ein fetter Sonnenuntergang mit der Skyline von Posadas – da bleibt kein Wunsch offen. Heute keine Witze.

Humanismus à la ingoamericano

hotel tirol freunde

Das ist es, wofür man lebt und reist: Du hast morgens beim Aufstehen keine Ahnung, dass Du abends mit den Jungs aus der Kolonie Sommerfeld feierst.

Nichts los im Staate Dänemark bzw. der Stadt Hohenau im Südosten Paraguays. Davon hatte ich mich selbst überzeugt und wollte anschließend ein Bad im Hotel Tirol nehmen, ein beindruckendes Hotel mit noch tollerem Schwimmbad im Wald, Schmetterlinge und Vögel umkreisen dich. Das Thermometer zeigte 38 Grad als ich in der Pampa aus dem Bus hopse. Am Hotelpool hängen drei eben volljährige Jungs ab,  nach ein paar Sätzen kann ich von Spanisch auf Deutsch umschwenken. Plattdeutsch hätten sie bevorzugt, ich erzählte, dass Marc von Sylt kommt und seine Oma so sprach. Was in der Sache nicht weiterhalf, aber ich fand die Bemerkung passend.

Mit Jason, Wesley und Aernie aus der Kolonie Sommerfeld, ca. 300 km entfernt im Landesinnern, ergab sich eine wunderschöne, humanistische und inspirierende Begegnung. Die Jungs hatten sich freigenommen, um ein paar entspannte Tage zu verleben. Wir erzählten einander von unseren Leben in der Kolonie bzw. München. Die Jungs von ihrer Agrararbeit auf dem Feld, von der Sojaernte, der traditionellen Gesellschaft, vom eigenverwalteten Leben. Ich von der verdorbenen Großstadt und Deutschland. Im Gespräch ging es einfach um die Schilderungen von Lebensweisen, um den Austausch und das Verständnis für ungewohnte, neue Dinge. Ein besser oder schlechter gibt es nicht, nur ein anders,

Die Jungs waren äußerst gut erzogen, gebildet, geistig aufgeräumt und mit viel Humor. Ich habe in kurzer Zeit so viel gelernt. Sie aber von mir auch. So zeigte ihnen ein Handybild vom echten Tirol, Skirennen in Kitzbühel. Die Jungs waren beeindruckt, dazu lief in der Hitze das Lied „Lass mich Dein Skilehrer sein“: Ballermannmusik ist auch in Paraguay beliebt, Jason spielte DJ.

Wir hatten so schnell ein freundschaftliches Verhältnis, dass ich durchaus traurig von dannen ging, um am Straßenrand einen Bus anzuhalten. Eine dreiviertel Stunde später kamen die Jungs vorbei, ich stand immer noch nicht abgeholt da, umkreist von Moskitos, und wir gingen in die nächste Bar. Der ehemals deutsche Gastwirt und seine paraguayanische Frau, 51 Jahre verheiratet, kümmerten sich hervorragend und mit Freude und Scherzen um uns, lange keine so guten Empanadas gegessen. Irgendwann wurde für mich doch noch ein wirklich rappeliger Bus angehalten. Es war lange dunkel.

So hatten die Jungs das erste mal einen Deutschen aus Deutschland getroffen. Und ich das erste mal Bürger aus einer Kolonie. Es hätte nicht besser laufen können. Es war lehrreich, unterhaltsam und menschlich sehr erfüllend. Es ist schön ein Mensch zu sein.

Vielen Dank und alles Gute Jason, Wesley und Aernie, Ihr habt mein Leben bereichert!

Auch der Tod zieht bei Besuch die Schuhe aus

Ich hatte Euch etwas Schönes in Asuncion versprochen: Darum geht es auf den Friedhof Recoleta. Er heißt also wie jener in Buenos Aires. Der Weg dorthin zieht sich entlang zahlreicher Botschaften. Die von den USA eine Festung, ebenso Japan. Spaniens eine Ruine. Sie sind wohl umgezogen, muss ich fairerweise sagen. Das Polizeikrankenhaus sieht wenig einladend aus und nebenan das Haus ist irgendwie in die Luft geflogen. Gebäude zerstört, Bäume liegen auf Autos und alles ein Desaster. Ich mache Fotos und ein Polizist sagt, ich soll das lassen. Ich frage was passiert ist, er antwortet. „Sehr interessant“, sage ich und habe nichts verstanden.

Auf dem Friedhof nimmt mich ein Gärtner in Empfang und er zeigt mir viele Präsidenten-Mausoleen. Im größten Bauwerk liegt Andres Rodriguez Pedotti (gest. 1997). Ob er ein guter Präsident war? Das bleibt unbeantwortet. Ich kenne jetzt mehr paraguyanische Präsidenten als deutsche. Der Friedhof ist ein himmlischer Ort, wie man auf den Fotos sieht.

 

 

 

 

 

Viele Hüttn, keine Gaudi

Was fällt einem auf die schnelle auf in Asuncion? Es ist sehr grün, mit seinen Hügeln sehr attraktiv, keine Straßenhunde sichtbar, viele große Mercedes brausen rum, vermüllt und niemand raucht. Ich denke, damit sind fast alle Fragen beantwortet. Nicht erwartet hatte ich die Schäbigkeit des Kerns von Auncion. Ich meine, sonst sind die Hauptstädte doch immer recht rausgeputzt. Keine Spur davon. Parks, Plätze, alles haben Hütten und Verschläge aus Pressholz unter Beschlag genommen.  Ich denke, das ist Strategie: Wenn der nebenan residierende Präsident morgens auf dem Weg zur Arbeit die Armut und Hütten sieht, dann motiviert ihn das, noch härter zu arbeiten. Während die Bürger Crack rauchen, bedient er sich der Motivationsspritze. Apropo Zug nehmen: Das Eisenbahnmuseum mit der ältesten Eisenbahn Südamerikas war -wie üblich in Südamerika- geschlossen. Sorry, mein lieber Zugkunde: Ich wollte mich ernsthaft fortbilden!

Die Innenstadt ein Slum, die Polizei kommt -wie öfters- zu mir und schlägt mir andere Touristenziele vor. Sie konnte nur keines finden. Ein paar wenige, wie den Präsidentenpalast gibt es schon. Die Leute sind sehr freundlich und vom Typ her heller bzw. europäischer aussehend als ich dachte. Aber ich werdet sehen: Das Verkommene ist nur die eine Seite der Medaille. Asuncion ist sehr lebenswert.

 

 

Grüß Gott, Asuncion!

Während in den Zeitungen blühende Wüsten gezeigt werden, was zugegebenermaßen auch ganz nett aussieht, sieht man beim Flug über Paraguay die wahre, die katastrophale Seite des „El Nino“. Schwer getroffen von Überschwemmungen, sind diese inzwischen Gott sei Dank wieder stark zurückgegangen.

Ähnlich schrecklich wie diese Naturkatastrophe war meine zwei stündige Bespaßung via Tablet-Spielen eines mäßig begabten deutschen Kindes am Flughafen in Sao Paulo. Ich hoffe zur Vergeltung bleibe ich von Zika-Mücken verschont. Der Flug und alles waren perfekt, auch die Einreise ging flugs. So viele deutsche im Flugzeug, es erinnerte an einen Bumsbomber nach Pattaya. Nur, das hier an der Ankunft Omas ihre Enkel in Empfang nahmen oder umgekehrt. Je nachdem, wer in Paraguay wohnt. Warum die Deutschen eine so innige Beziehung zum Land haben, muss ich noch rausfinden. Es kann nicht nur, aber durchaus auch, am Flug im Sonderangebot liegen.

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Gesucht, gefunden. Wer wen auch immer

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